Kulinarische Stadtführung durch Leipzig Plagwitz

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Ich habe meine Lieblingsstadt Leipzig besucht und dabei an einer kulinarischen Stadtführung durch den Stadtteil Plagwitz teilgenommen. Ich war anfangs etwas skeptisch, „was gibt es in Plagwitz schon zusehen?“ und ich wurde positiv überrascht.

Blick von der Könneritzbrücke

Startpunkt war die Könneritzbrücke in Plagwitz, hier hat uns unsere Stadtführerin Frau Thyrolf in Empfang genommen und mit uns die Stadtführung begonnen. Sie macht diese kulinarischen Führungen für die eat the world GmbH. Viele Jahre wohnte sie selbst in Plagwitz, hat sich sehr, sehr wohl gefühlt und dadurch auch einen besonderen Bezug zu diesen Stadtteil. Sie entdeckt ihre Stadt auch immer wieder neu, man merkt ihr die Begeisterung für Leipzig einfach an. Bei solch einer kulinarischen Stadtführung werden neben Wissenswerten zur Stadt 7 Stationen angesteuert und dort Highlights verkostet. Ich werde nicht alle Stationen vorstellen, denn ein bisschen Überraschung für Ihre eventuelle nächste Teilnahme soll ja bleiben.

Plagwitz ist ein Stadtteil, der in den letzten 200 Jahren einen unglaublichen Wandel erlebte, von einem ganz kleinen Dörfchen „Plochtewitz“, mit 120 Einwohnern hat er sich gemausert zum heute sehr hippen, angesagten Stadtteil, längst nicht mehr das Widersprüchliche, was man vor 15-20 Jahren erlebt hat.

Die schöne Könneritzbrücke wird nachts durch indirekte Beleuchtung wunderschön in Szene gesetzt. Sie ist 1899 gebaut wurden und eine der wenigen Überbleibsel der sogenannten Stahlfachwerkbrücken. Mit dieser Brücke begann der Aufschwung von Plagwitz. Eine bedeutende Persönlichkeit war Karl Heine. Leipzig war ganz schlecht an die Wirtschaft angebunden und er wollte dem ein Ende bereiten. Er hat schon als kleiner Junge angefangen den elterlichen Garten zu entwässern, hat großes Interesse an Naturwissenschaften, an technischen Dingen gehabt.

Mit Beendigung der Völkerschlacht 1813 ist die Kontinentalsperre nach England und Frankreich aufgehoben wurden und es kamen die ganzen Errungenschaften nach Mitteldeutschland herüber. Karl Heine ist 1819 geboren, da lag Leipzig von den Folgen des Krieges noch ziemlich am Boden. Er hat einen Doktortitel abgelegt und es war sein Lebensweg Leipzig als Wirtschaftsstandort zu entwickeln. Sehr zum Verdruss der Stadt, denn sie hatten ein Ansehen als Messe- und Modestadt, eine “saubere” Weste, es war sehr viel Reichtum vorhanden. Diese saubere Weste abzulegen und mit Industrie zu beschmutzen war nicht im Sinn der Stadt. Ihm wurden viele Steine in den Weg gelegt wurden, aber er hat Geldstrafen in Kauf genommen, wenn er keine Baugenehmigungen bekommen hatte.

Plagwitz ist 1891 eingemeindet wurden und auf der alten Dorfstraße, die lange Zeit die einzige Straße war, heute Alte Straße, steht das schöne Gosen-Schlößchen, einst eines der beliebtesten Ausflugslokale, in der man die Gose genossen hat.

Die Gose ist eines der ältesten Biere der Welt, sie stellt einen eigenen, alten Bier-Typ dar, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Berliner Weiße hat. Die Gose entstand früher, wie die meisten Biere, durch Spontangärung und war schon aus dem 12., 13. Jahrhundert bekannt. Die Leipziger sind am Sonntag gern vor die Tore der Stadt gefahren und dann eingekehrt. Am Gosen-Schlößchen sind wunderschöne Brauerei-Ornamente angebracht. Das Bier gibt es heute noch und man trinkt es mit Schuss. Die Gose ist einfach eine Spezialität von Leipzig und hat neben der alkoholischen Gärung eine bakterielle Gärung, die durch Koriander und Kochsalz zustande kommt. Ist sehr gesund und verdauungsfördernd.

Die einzelnen kulinarischen Stationen sucht unsere Stadtführerin nach Ihren Vorlieben aus, nach den Gesichtspunkten, ob das den Gästen gefallen könnte, ob es etwas Besonderes ist, um dies den Besuchern vorzustellen, was sich immer lohnt zu besuchen.

Unsere erste Station war die Suppenküche am sogenannten Plagwitzer Markt, hier steht auch das ehemalige Rathaus des Stadtbezirkes Südwest. Nach der Hochzeit hat man im Ratskeller gefeiert, dieser ist aber vor 3 Jahren geschlossen wurden. Letztes Jahr wurde das Haus (Ratskeller) saniert und dabei ist das ehemalige Hochzeitszimmer zurückgegeben wurden. Hier ist dann in der Alten Straße 20 das Restaurant „Löffel & Co“ eingezogen.

„Nimm es als Vergnügen und es ist ein Vergnügen“ aus einem indischen Sprichwort. Karsten Reuter war mit seinem Suppenfahrrad erst mobil in Leipzig unterwegs und hat dann diesen Raum gefunden. Er kocht jeden Tag zwei Suppen frisch. Er ist gebürtiger Bitterfelder und dann nach Halle-Neustadt umgezogen. Meine Frage war natürlich, wie man zu solch einen Thema Suppe kommt? 1995 hat er in Halle/Saale ein Suppenrestaurant eröffnet, um sich vom gastronomischen Umfeld etwas abzuheben. 2011 hat er das Thema Suppe wieder aus dem Herzen, Magen und Topf geholt. Er hat sich ein Lastenfahrrad in Holland gekauft, dieses hat er in ein Suppenfahrrad umgebaut. 2012 kam dann die erste Raumnutzung in der Hohlbeinstrasse auf dem Gelände vom Kesselhaus in Schleußig. Seit Mai 2015 verwöhnt er seine Gäste mit seinen Suppen im ehemaligen Jagdzimmer des Ratskellers.

So einfach und beständig die Zutaten, so variabel die Rezepturen. Über 80 verschiedene Suppen hat Karsten in Umlauf gebracht. In den Topf wandert nur, was die Jahreszeit und die einheimischen Gefilde an Frischem hergeben. „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Eine Suppe kochen, bedeutet ihm immer wieder ein Spielplatz zum kreativen Austoben. Die Suppenküche „Löffel & Co“ ist dienstags – samstags von 10.00 – 18.00 Uhr geöffnet. Die Suppen sind nur zu empfehlen.

Elsterlofts, steht Fassade und dahinter die Balkons

Weiter geht es zu einem Komplex, welches mal die Sächsische Wollgarnfabrik war, diese wurden saniert. Industriedenkmal wurde zu Wohnraum umgebaut, teilweise sind die Fassaden stehen geblieben und wunderschöne Wohnungen geschaffen wurden. Zwischendurch fließt die weiße Elster. Sind 1866 gegründet worden, nach und nach wurden die Gebäude errichtet, zuletzt ist 1925 die Verbindungsbrücke (Loftbrücke) über die Elster. Es war zu einem erfolgreichen Unternehmen mit bis zu 2000 Beschäftigten heran gewachsen und haben bis Anfang der 90-ziger Jahre sehr hohe Qualität produziert, die es im Osten Deutschlands nicht zu kaufen gab.

Heute ist es ein Industriedenkmal. Die Sanierung war nicht ganz einfach, genau wie darin Wohnungen zu integrieren, man muss es mögen. Elsterlofts ist die jetzige Bezeichnung für den sogenannten „Hochbau West“ in der Nonnenstraße im Stadtteil Plagwitz. Diese Elsterlofts sind Wohngebäude mit 185 Lofteinheiten sowie zwei Brückenlofts.

Wir kommen am Riverboat vorbei, zwischen 2006 und 2008 wurde dieser Ort als Sendestation für die gleichnamige Sendung Riverboat benutzt. Ist zu klein geworden und deshalb sind sie umgezogen. Jetzt ist an der Stelle der Kulturhafen entstanden und es wird von einer Musik- und Tanzschule Musifa Leipzig, L.E. Dance Factory genutzt. Ab November gibt es verschiedene Veranstaltungen auf der Riverboat-Bühne.

Die zweite kulinarische Station war ein Metzgereigeschäft „Schicketanzhof“ in der Weißenfelser Str. 5. Die Brüder Jörg und Bernd Schicketanz übernehmen 1991 den Hof in Fremdiswalde von ihrem Vater und führten Ihn von 1992 vom kleinen Bauernhof zum erfolgreichen Familienunternehmen mit ca. 40 Mitarbeitern. Mit dem Kauf des Rittergutes Cannewitz war ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte erreicht und die Firma zog 2015 um.

Ein Besuch des Betriebes ist ein lohnender Ausflug in Leipziger Umland. Das Herrenhaus stammt aus dem 16. Jahrhundert, umgeben von viel Natur und sanften Hügeln. Vom respektvollen Umgang mit den Tieren, eigener Anbau der Futtermittel, den kurzen Wegen vom Stall zum Schlachthaus und den guten Geschmack der eigenen Wurst- und Fleischprodukte kann sich jeder vor Ort überzeugen.

Von Montag – Freitag wird gekocht und so kann man in der Mittagspause im Laden in der Weißenfelser Straße leckere Speisen genießen. Der Laden ist Mo – Fr von 7.00 – 18.00 Uhr und Sa von 8.00 – 12. 00 Uhr geöffnet.

Wir laufen an einer vielen Wasserstraßen wie dem Karl-Heine-Kanals und der Weißen Elster weiter, hier kann man toll paddeln, schippert mit dem Boot an der alten Industriearchitektur vorbei, paddelt mit dem Kanu oder Kajak, Sie können aber auch mit der Gondel dahingleiten, ganz wie ‘Venedig-des-Ostens’-mäßig.

Kommen an dem Gebäude des Stelzenhauses vorbei. Es ist eines der Industriedenkmäler in Leipzig an einer Biegung des Karl-Heine-Kanals. Das 1937 bis 1939 vom Architekten Hermann Böttcher für die Wellblechfabrik Grohmann & Frosch in der Weißenfelser erbaute Gebäude, zählt heute zu den bekanntesten Leipziger Industriebauten der 1930er Jahre.

Böttcher stellte er eine Plattform samt Baukörper in der Art eines Pfahlhauses auf über 100 massive im Raster angeordnete Betonstützen, die hoch über die ansteigende Böschung und zum Teil ins Wasser hinein ragen. Die enormen Querschnitte der Betonpfeiler von 1 × 1 Meter rühren aus statischen Berechnungen, in die jeweils 1000 Kilogramm „für evtl. Trümmerlasten“ eingingen. Außerdem wurden unter der Fußbodensohle fensterlose Luftschutzräume für 90 Personen eingerichtet; diese sind bis heute gut zu erkennen. Der Raum zwischen den Betonpfeilern diente ebenfalls Luftschutzzwecken.

Es waren die Wände geschlossen, die 2003-2004 geöffnet und verglast wurden. Heute befindet sich im Stelzenhaus ein Restaurant und wird zum Teil als Wohnraum genutzt wird.

Angekommen am WESTWERK gibt es wieder viel zu entdecken. Es liegt zwischen der Karl-Heine-Straße und der Weißenfelser Straße unmittelbar an der König-Albert-Brücke am Karl-Heine-Kanal. Die Ursprünge des ehemaligen Industrieareals liegen im 19. Jahrhundert. Heute ist das WESTWERK Anlaufpunkt für Jedermann, entsprechend vielfältig und weit sind die Angebote, von Gastronomie, Ausstellungen, Märkte und Musikveranstaltungen, Theater, Weiterbildung und mehr. Handwerker, Künstler, Händler und Gewerbetreibende, Freiberufler, Vereine, und Musiker finden im hier einen Ort der kollektiven und progressiven Arbeit, ein Ort zum Sein, um Ziele, Wünsche, Pläne und Projekte umzusetzen. Nirgends sonst zieht es derzeit so viele junge Künstler, Architekten und Freischaffende hin.

Hier kann man zum Beispiel noch Faltboote aus DDR-Zeiten ausleihen und reparieren lassen. Hier erlebt man ein echt quirliges Treiben

Auffallend sind die schönen Graffitis. Wirklich schöne, nicht irgendwelche Schmierereien.

Dispasquale – Italien für Zuhause

Die letzte Station, die ich Ihnen vorstellen möchte ist das „Dispasquale – Italien für Zuhause“ in der Karl-Heine-Straße 63. Seit August 2015 gibt es die ersten italienischen Salumeria mit echten italienischen Espresso und echter italienischer Bedienung in Leipzig. Der Italiener Andrea kam während seines Freiwilligendienstes für ein Jahr in die Keksmetropole Wurzen. Seit 2011 lebt er nun und die Zeit ist vorbei, als er die 40 kg Lebensmittel in einem Rucksack verstaut nach Leipzig holte, wenn er auf Heimaturlaub war. Jetzt wird er von kleinen Familienbetrieben und Manufakturen mit seinen Lieblingsleckereien und Spezialitäten beliefert. Hauptsächlich aus Piemont und Sizilien, wo seine familiären Wurzeln sind.

Man findet hier für jeden Geschmack etwas, ob frisch oder abgepackt, flüssig oder fest, Herzhaftes oder Süßes. Stets von hoher Qualität und persönlichen Bezug zur Herkunft. Die meisten Produzenten kennt Andrea seit seiner Kindheit, manche auch persönlich. Tricks und Kniffe der italienischen Küche kann man sich bei Andrea direkt erfragen oder einfach zum Stöbern vorbei kommen. Einen guten Espresso gibt es nirgends günstiger. Ein Tipp ist die hauseigene Tomatensauce in der kleinen Flasche ohne Etikett. Das Dipasquale hat Di – Do von 11.00 – 20.00 Uhr und Fr – Sa von 11.00 – 21.00 Uhr geöffnet.

Fazit: Leipzig Plagwitz oder auch Leipziger Westen hat sich vom Arbeiterviertel zum angesagten Szenebezirk entwickelt. Kein anderer Stadtteil hat in den letzten beiden Jahrzehnten einen so deutlichen Wandel erlebt. Im angesagten Viertel mischen sich Individualisten unter Alteingesessene und versprühen ein ganz eigenes unkompliziertes Flair. Bei der Tour durch Plagwitz erfahren Sie etwas über die Geschichte, die Architektur und bekommen interessante Unterhaltungsangebote und können sieben Köstlichkeiten probieren. Der Preis beträgt 33 Euro pro Ticket; 16,50 Euro für Kinder bis einschl. 12 Jahre. Kinder bis einschl. 6 Jahre, die nicht mitessen, benötigen kein Ticket.

Fotos Gabriele Wilms und Marcus Pracher

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Gabriele Wilms
Über Gabriele Wilms 778 Artikel
Seit vielen Jahren beschäftige ich mich intensiv mit der Tätigkeit als Reisejournalistin und Bloggerin. Ich bin Inhaberin des Reisemagazin Toureal und betreue es als verantwortliche Chefredakteurin. Gut ein Drittel des Jahres bin ich daher in den schönsten Hotels, Regionen Europas und weltweit für unser Reisemagazin unterwegs .

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